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Burggeflüster in Carcassone

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Schon von weitem thront die riesige Festung auf einem Hügel: Carcassone, Stadt des Mittelalters. Ich habe sie schon bei meiner ersten Tour nach Collioure ein paar Wochen vorher von der Autobahn aus gesehen. Jetzt muss ich unbedingt über Nacht bleiben. Von hier nach Collioure sind es knapp 2 Stunden, dann ist man auch schon fast an der spanischen Grenze.

Schon beim ersten Betreten der Stadt durch die Festungsmauern werde ich andächtig. Es bleibt mir gar nichts anderes übrig als überwältigt zu sein. Es ist gleich dieses Mittelalter-Gefühl. Um den ganzen Charme dieser Burgenstadt allerdings spüren zu können, solltest Du über Nacht bleiben. Und wahrhaftig: es hat sich gelohnt. Wenn abends die Tagestouristen Carcassone auf ihrem Weg ans Mittelmeer verlassen haben, erwacht der Ort in seinem mystischen Charme.

Eigentlich besteht die Stadt Carcassone aus 2 Städten. Am beeindruckendsten davon ist aber eben diese mittelalterliche Cité de Carcassone mit den 2 doppelten Festungsmauern aus dem Mittelalter, die sogar Walt Disney als Vorlage für sein Cinderella Schloss diente. Mittlerweile zählt Carcassone auch zum UNSECO Weltkulturerbe.

Damals wohnten tausende von Menschen hinter den Mauern, heute dient die Cité überwiegend als Filmkulisse und wird kaum noch bewohnt. Zahlreiche Kunsthändler und Souvenirshops verkaufen ihre Produkte, während sich die Mauern mit beginnender später Stunde durch das Abendlicht in ein mystisches Gelb verwandeln.

Tagsüber war es mir einfach zu voll. Die Menschen tummeln sich zur Mittagszeit alle in den Restaurants und in den Gassen. Es ist ein reines Touristengeschiebe. Hätte ich es mir aussuchen können, wäre ich wahrscheinlich nicht unbedingt im Juli oder August nach Carcassone kommen. Und so bin ich nur eine kleine Runde gedreht, bevor ich in meiner Unterkunft eingecheckt habe.

Übernachten in Carcassone

Das Chambre d’Hotes L’entre D’eux, ein kleines Gästehaus mit 4 Zimmern, hat mich 80€/Nacht inkl. Frühstück gekostet und liegt ca. 10 Autominuten von der Cité von Carcassone entfernt. Mir hat das nichts ausgemacht. Und da tagsüber Carcassone von Touristen förmlich überrannt wird, war ich ganz froh, etwas außerhalb zu wohnen: kein Parkplatzproblem, kein Trubel und ein wunderbares Frühstück auf der hauseigenen Terrasse vor dem Pool. Ich war dennoch dankbar, diesen Ort in Corona-Zeiten zu erleben, wo es noch verhältnismäßig entspannt zuging.

Die 2 Stündchen am und im Pool nach dem Gedränge der Stadt und der langen Autofahrt haben gut getan. Die beiden Inhaber Nathalie und Christof haben mich vor dem Abendessen auf einen Aperitif in die Küche eingeladen. Die beiden leben in 2. Ehe und haben sich mit dieser Villa ihren großen Traum erfüllt. Nathalie liebt die Details, das Auge für das Schöne und Dekorative, backt selbst frische Pancakes und Madalenas zum Frühstück.Er ist eher der Handwerker und für den Pool etc zuständig. Ich mag die beiden, denn ich mag Menschen, die mutig sind und sich ihren Lebenstraum verwirklichen wollen. Sie nehmen in Kauf zu scheitern, so wie Nathalie und Christof zu Coronazeiten ein Gästehaus eröffnen. Aber sie leben und sie leben es, und ich wünsche den beiden, dass sich ihr Mut bezahlt macht. Solche Begebenheiten durfte ich in Frankreich wie in keinem anderen Land erleben, dass Dich Menschen einladen, sie Zeit mit Dir verbringen wollen, pure Gastfreundschaft. Und es wirkt dabei in keinster Weise aufgesetzt.

Das Gästehaus besteht aus 4 Zimmern. Da das Haus erst kürzlich eröffnet wurde, ist die Einrichtung noch total neu und sauber. Das große Doppelbett ist sehr bequem. Die Dekoration ist wie gemacht für Weltenbummler: eine Weltkarte an der Wand, ein Globus auf der Truhe..
Das Zimmer hat ein sehr schönes Duschbad und sehr gutes WLAN.

Parken ist überhaupt kein Problem. Wenn man abends die Anlage aus dem großen Tor verlässt, bekommt man den elektrischen Toröffner einfach mit auf den Weg.

Der Abend in Carcassone

Eigentlich hatte ich nach dem Mittag schon wieder genug von den Menschen in der Altstadt, entschied mich dann aber doch für ein Restaurant zum Dinner genau dort. Einziges Problem: mein Navi. sorry, dass die Altstadt eine Mauer hat und man da nicht durchlaufen kann!? Was ist daran so schwer zu verstehen Navi? (Ich habe es übrigens Tina getauft). Fazit war: ich kam eine halbe Stunde zu spät und schweißgebadet im Restaurant an. 3x Hügel rauf, Festungseingang suchen, wieder runter, weil nicht gefunden, wieder rauf.. Abkotzen, aufregen, einatmen, ausatmen ommh.. Meine Fresse! 1 Stunde „Eingang“ in eine Altstadt gesucht. Darf man auch keinem erzählen. Der Abend war dann aber zauberhaft. Ich hatte ein großartiges Dinner im Meli et Zeli (3-Gang Menü für knapp 26€) mit sehr netter Bedienung. Ich muss sagen, dass ich in Frankreich bis auf wenige Ausnahmen als allein reisende Frau wirklich gut behandelt wurde. Das mag ich!
Die jungen Kellner sind ausgesprochen nett, die Preise fürs Menü absolut zivil , man sitzt sehr nett im Innenhof des Restaurants zwischen alten Gemäuern. Reservierung absolut zu empfehlen!

Der Abend fand einen berührenden Ausklang. Abends durch diese uralten, beleuchteten Gassen zu laufen, ist phänomenal. Die ganzen Tagestouristen, die tagsüber schnell von der Autobahn abfahren um ein Foto zu machen und sagen können sie seien in Carcassone gewesen, sind endlich weg. Ich fühlte mich jetzt wirklich ins Mittelalter zurückversetzt. Irre. Ich war auf dem Weg, wieder „den Ausgang“ aus den Gemäuern zu finden und im Bestfall auch mein Auto wiederzufinden. Schlau wie ich war, hatte ich diesmal den Kellner nach einer Anleitung für Dumm-Kathi gefragt. Auf einmal vernahm ich Klänge. Durch diese hohen Mauern kannst Du zuerst gar nicht festmachen, woher das kommt. Es hallt gefühlt im ganzen Ort. Die Musik geht durch jede Tür und Dir selbst durch jede Faser Deines Körpers. Ich gehe weiter, bis da plötzlich ein Mann steht: angestrahlt von den Lichtern der beleuchteten Mauern. Er hält eine Gitarre in seiner Hand. Und er singt. Er singt „chasing cars“. Das klingt einfach so unglaublich schön. Einer dieser magischen Momente dieser Reise. Die Dunkelheit, das Licht, die friedliche Stimmung, die Stimme einer einzigen Person, die Carcassone beschallt. Ich habe mich eine Weile auf einen Stein gesetzt und einfach nur gelauscht. Und heimlich vielleicht ein wenig mit gesummt. Bis ich mich auf den Weg gemacht habe.. und mein Auto gefunden habe.

Stadtteil Bastide

Am nächsten Morgen habe ich nach einem vorzüglichen Frühstück am Pool mit hausgemachten Crepes und Madeleinas noch einmal das Zentrum von Carcassone aufgesucht. Diesmal den außerhalb der Mauern liegenden Stadtteil „Bastide“. Von hier hat man einen wunderbaren Blick auf die Festung und die alte Brücke „Pont Vieux“. Hier war ich am Vorabend nach dem Dinner auch noch kurz, und habe mir das Ganze Spektakel bei Dunkelheit angeschaut.

Bastide hat mit seinem hübschen Platz „Carnot“ und seinem Markt, dem Canal du Midi und den kleinen Gassen, die schachbrettförmig angelegt sind, ist niedich für einen Vormittag. Ich habe mir hier auch ein paar neue Schuhe gegönnt. Ein paar neue, reduzierte Birkenstocks. Das ist nennenswert, weil ich an diesem Ort mich von meinen alten Birkenstocks getrennt habe und diese in den Mülleimer geworfen habe.

Als ich in meinem Auto später saß, wurde mir erst bewusst, was ich da getan habe. Diese Schuhe haben alles mit mir erlebt. Sie waren mit mir in Cape Town, sind mit mir durch die Serengeti, nach Sansibar, durch Australien und wieder zurück und wieder zurück gereist. Sie waren mit mir in Kuala Lumpur, auf Deutschlandreise und mein treuer Begleiter von 2 Monaten Frankreich. Und ich Bastard schmeiße sie lieblos in den Mülleimer. Ich war traurig. So weit ist es schon mit mir Alleinreisenden, dass ich meine Kleidung personifiziere. Bin ich Tom Hanks oder was? Ich habe ein Foto gemacht und werde die Erinnerung in mein Auto kleben. Lebt wohl geliebte Birkenstocks!

Nun bin ich voller Vorfreude.. es geht an meinen Lieblingsort. Mein gefühltes 2. Zuhaue in Frankreich. Dort möchte ich meine Frankreichreise beenden und Abschied nehmen von diesem tollen Land und dieser Wahnsinns Erfahrung, die ich noch eine Weile verarbeiten muss. Könnte es einen schönen Ort geben, als jetzt noch einmal nach Collioure zu fahren? Ich kann es kaum erwarten…

You need to know – Praktische Tipps

  • die Altstadt von Carcassone befindet sich innerhalb der alten Festungsmauern. Daher gibt es dort natürlich auch keinen Autoverkehr. Parken kann man auf einem der großen Parkplätze (kostenpflichtig) vor den Toren. Daher empfehle ich nicht unbedingt eine Unterkunft innerhalb der Gemäuer, es sei denn man trägt sein Gepäck gerne über Pflasterstein
  • Es gibt nur ein paar wenige „Eingänge“ durch die Mauern. Google Maps hat mir diese leider nicht immer korrekt angezeigt und wollte mich ständig durch die Mauer laufen lassen. Macht Euch vorher schlau, wo Ihr in den Kern kommt, falls Ihr das Auto nicht auf einem der großen Parkplätze abstellt
  • Obwohl die Altstadt hinter den Mauern recht klein ist, habe ich mich regelrecht verlaufen. Innerhalb der Mauern macht Google Maps dann also doch Sinn.

Carcassone war für mich die perfekte Zwischenstation auf dem Weg nach Collioure. Warum Collioure mein magischer Ort war und welches meine Lieblingsplätze waren, erfährst Du, wenn Du auf das Bild klickst:

[Werberechtlicher Hinweis: Die gesamte Reise habe ich privat durchgeführt sowie selbst bezahlt. Ohne jegliche Vergütungen oder andere monetäre Beeinflussung.]

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